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Die Stadt Hameln und ihre Juden
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Der jüdische Friedhof in der Scharnhorststraße

Ein Gang über den Friedhof

Nach 1933

Bestattungen mussten in der NS-Zeit in äußerster Stille vor sich gehen. Für Nichtjuden war es wenig ratsam, einer Bestattung beizuwohnen. Immer wieder hören wir, dass es für Angehörige von Verstorbenen ganz schwer war, von einem Tischler einen Sarg und von einem Steinmetz einen Grabstein zu bekommen. Viele Menschen hatten Angst, für einen Juden zu arbeiten, andere weigerten sich grundsätzlich. Der letzte Stein wurde 1936 gesetzt. Die allermeisten Bestattungen sind nach 1933 erfolgt, ohne dass ein Stein gesetzt werden konnte.

Am 9. November 1938 wurde der Friedhof von Hamelner Bürgern vollständig zerstört, wurden die Grabsteine teilweise in Stücke gehackt. Auch danach ist auf diesem geschändeten Friedhof noch bestattet worden, denn es lebten noch Juden in Hameln.

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Ella Weinberg, gestorben 1936

Hier handelt es sich um die letzte Bestattung, für die nachweislich ein Stein gesetzt worden ist. Seit Beginn des Dritten Reiches weigerten sich die meisten Steinmetze und Sargtischler, von Juden Aufträge anzunehmen. Auf dem Hamelner jüdischen Friedhof ist dies der einzige Stein, der sich aus der Zeit nach 1933 erhalten hat. Auffällig ist seine geringe Größe und der fehlende Schmuck.

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Moses Strauss, gestorben 1919

Selma Strauss, gestorben 1928

Minna, geb. Strauss, gestorben 1937

Wir haben hier die letzte auf einem Stein nachweisbare Bestattung. Im Giebelfeld des Grabsteines für die Eheleute Strauss wurde nachträglich ein Hinweis auf die Bestattung ihrer mutmaßlichen Tochter eingetragen. Es fällt auf, dass ihr gegenwärtiger Nachname fehlt ("Minna, geb. Strauss"). Im Dritten Reich weigerten sich zahlreiche Steinmetze, für jüdische Verstorbene Grabsteine anzufertigen.

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Dr. Siegmund Kratzenstein, gestorben 1938

Dr. Siegmund Kratzenstein war lange Jahre als Arzt in Hameln tätig gewesen. 1933 verlor er die Kassenzulassung und durfte bald nur noch die wenigen jüdischen Patienten behandeln. Die eigene Auswanderung misslang. Möglicherweise hat er sie, der sich so sehr als Deutscher fühlte, auch nicht so energisch betrieben. Sicher war es auch die soziale Verpflichtung der jüdischen Gemeinde gegenüber, die zunehmend zusammenschmolz und bald überwiegend aus armen und alten Menschen bestand. Im November 1937 ließ er sich zum Vorsteher der jüdischen Gemeinde wählen.

Am 9. November 1938 zerschlugen SA-Leute seine Praxis am Kastanienwall und führten den Mann vor die brennende Synagoge. Aus dem KZ Buchenwald, wohin er mit 9 anderen Hamelner Juden verschleppt wurde, wurde der schwer misshandelte Mann am 25. November nach Hameln entlassen, offensichtlich, weil er todkrank war. Kratzenstein starb wenige Tage nach seiner Entlassung in seiner Wohnung. Die Familie setzte ihn auf dem verwüsteten jüdischen Friedhof bei; sein Grab erhielt keinen Stein. Die ungefähre Lage seines Grabes ist einem Brief seines überlebenden Sohnes zu entnehmen.

Zum Gedenken an Siegmund Kratzenstein hat die liberale Jüdische Gemeinde Hameln im Jahre 2006 im Beisein von überlebenden Angehörigen einen Stein setzen lassen.

In unmittelbarer Nachbarschaft des Grabes von Dr. Kratzenstein soll sich auch das Grab von Julius Michaelis befinden, der 1934 verstorben war und dessen Grab ebenfalls keinen Stein erhalten hat.

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Louis Hochheimer, gestorben 1933

Eugenie Hochheimer, gestorben 1945

Eugenie Hochheimer, geborene Frankenberg, stammt aus Höxter. Nach ihrer Heirat mit Louis Hochheimer lebte sie in Hameln. Ihr Ehemann starb 1933. Sie wurde aus Münster am 1.8.1942 in das Altersghetto Theresienstadt deportiert, von dort am 23.9.1942 in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt und dort unmittelbar nach der Ankunft vernichtet. Ihr Leichnam ist hier nicht begraben. Die Inschrift verzeichnet als fiktives Todesdatum den 8.5.1945, den Tag des Kriegsendes.

  

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© Bernhard Gelderblom Hameln